Deutsch ist deutsch

Der Begriff „deutsch“ in anderen Sprachen: Warum die Welt nicht weiß, was das bedeuten soll

Warum die Welt nicht weiß, was das bedeuten soll

Frankreich (frz. France) heißt auf Englisch France, auf Schwedisch Frankrike, auf Italienisch Francia, auf Russisch Frantsiya. Der Originalbegriff ist in allen Fremdsprachen problemlos wiederzuerkennen.

England (engl. England) heißt auf niederländisch Engeland, auf Französisch Angleterre, auf italienisch Inghilterra und auf polnisch Anglia. Auch hier: Der Name bleibt im Kern derselbe.

Die Türkei (türk. Türkiye) heißt auf Portugiesisch Turquia, auf Dänisch Tyrkiet und auf Tschechisch Turecko. Auch hier: Der Ursprungsbegriff wird in leicht abgewandelter Form in die andere Sprache übernommen.

Deutsch ist deutsch – aber nur in Nordeuropa

Ist doch normal, denken Sie? Wir übernehmen die ursprüngliche Länderbezeichnung, weil wir ja schließlich nicht einfach eine neue erfinden können? Dann gehen Sie mal nach Deutschland.

Deutschland heißt auf Niederländisch Duitsland, auf Dänisch, Schwedisch und Norwegisch Tyskland. Die sprachlich verwandten nordeuropäischen Länder scheinen die Regel zu bestätigen: der Eigenname wird in abgewandelter Form übernommen.

Warum Germany nicht Dutchland heißt

Aber auch Englisch ist sprachverwandt mit Deutsch. Deutschland heißt aber Germany auf Englisch – und nicht etwa, wie man annehmen könnte, Dutchland. Denn dutch ist bei den Engländern seit dem 17. Jahrhundert allein für die Holländer reserviert. Zur Bezeichnung der östlichen Nachbarn der Küsten-„Deutschen“ mussten sie auf das lateinische Germania zurückgreifen. Diesen Begriff haben die Römer seit etwa 200 v. Chr. als Sammelbezeichnung für die rechtsrheinischen Stämme verwendet; seine Herkunft ist ungeklärt. Viele spätere Völker Europas haben das Wort übernommen : Russen, Bulgaren, Griechen, Italiener.

Willkommen in Volksland

Wobei die Italiener mit Germania das Land bezeichnen, nicht aber die Leute. Die heißen nämlich tedeschi (Singular tedesco). Diese Bezeichnung geht auf das althochdeutsche Wort diutisc zurück, das „zum Volke gehörig“ bedeutet (von althochdeutsch diot für Volk). Die früheste belegte Form dieses Wortes (thiota) findet sich in der gotischen Bibelübersetzung des Bischofs Wulfila aus dem 4. Jahrhundert. Es wurde noch mit einem anlautenden th- geschrieben (wie engl. thing) und zeigt Vigilix download , dass sie tatsächlich gelispelt haben, die frühen Deutschen.

Die Hauptstadt von Volksland heißt Sumpfstadt

Deutschland heißt demnach wörtlich übersetzt Volksland. Wer sich einen Spaß machen will und die etymologischen Ursprungsnamen verschiedener europäischer Länder, Städte und Flüsse kennenlernen will, werfe einen Blick in den Atlas der wahren Namen. Hier kann man von der Fröhlichen Meeresbucht (Lissabon) über Weiden (Madrid) in die Hauptstadt von Volksland reisen, die auf den ungesund klingenden Namen Sumpfstadt (Berlin) hört. Fehlt nur noch Auenland und Mittelerde – und man könnte meinen, man sei in „Der Herr der Ringe“.

Alle Männer: Nachbarn der Freien

Aber zurück zu den Italienern: Bei ihnen sind die Deutschen also Volksländer aus Germanien. Volks- und Landesbezeichnung fallen kurioserweise auseinander. Was man vom Französischen nicht behaupten kann: Allemagne heißt das Land, Allemands die Bewohner. Herkunftsbezeichnung Nr. 3.

In der Spätantike war das westgermanische Volk der Alemannen der unmittelbare östliche Nachbar der romanisch sprechenden Gallier. Der Name selbst taucht im 3. Jahrhundert auf und bedeutet wahrscheinlich Alle (wehrfähigen) Männer. Die späteren Franzosen (übersetzt übrigens Die Freien, Mutigen) übertrugen den Namen dann auf alle germanischsprachigen Nachbarvölker.

Bei den Slawen sind die Deutschen die Stummen

War’s das? Nein, das war’s noch nicht. Wenn wir von Deutschland aus nach Osten reisen, kommen wir nach Polen. Dort heißt das Land – wie die Leute – plötzlich Niemcy. Der Deutsche heißt auf Russisch Némez , auf Tschechisch Němec und auf Ungarisch Német. Eindeutig dieselbe Wurzel in ganz Mittel-, Ost- und Südosteuropa: Willkommen, Herkunftsbezeichnung Nr. 4.

Man glaubt, dass die Bezeichnung von einem urslawischen Wort abstammt, das „Fremder“ bedeutet und seinerseits auf ein Adjektiv für „stumm“ zurückgeht. Das Wort bezeichnete also ursprünglich Fremdsprachige, die sich mit den Slawen nicht verständigen konnten, und wurde später auf die Deutschen eingeengt.

Französische Exportoffensive

Damit entwickelte sich der Begriff genau in die entgegengesetzte Richtung wie Allemagne: Während die Slawen eine Allgemeinbezeichnung eingegrenzt haben, haben die Franzosen eine Sonderbezeichnung ausgeweitet. Mit weltweitem Erfolg: Der französische Wortstamm wurde ins Spanische und Portugiesische übernommen – und von dort nach Südamerika und in den Nahen Osten exportiert. Deutschland heißt auf Arabisch Almāniyā, auf Türkisch Almanya und auf Persisch Ālmān.

Von Sachsen und Pickelhauben

Jetzt sind wir aber endlich durch mit den vielen Bezeichnungen für „deutsch“, oder? Fast. Auf Finnisch und Estnisch heißt der Deutsche Saksa. Unverkennbar hat hier ein anderer deutscher Volksstamm Pate gestanden – einer, der näher dran war an Nordosteuropa. Der Name „Sachsen“ geht auf das Sax zurück, ein einschneidiges Kurzschwert. Kaum zu glauben, aber in Helsinki sind wir Schwertträger. Bezeichnung Nr. 5.

Wir halten fest: Die Welt ist sich nicht einig, wer die Deutschen eigentlich sind. Sie sind Volksländer, Germanen, Alle Männer, Schwertträger, Stumme. Und Pickelhauben.

Wie bitte – Pickelhauben? Eine an die Stirn gehaltene Faust, die mit einem Finger nach oben zeigt, bedeutet in der Gebärdensprache Deutschland oder Deutscher. Bezeichnung Nr. 6. Wir könnten noch von Lettisch, Litauisch, Navajo und Kirundi reden … Aber jetzt ist:

Schluss.